Workshop: Resilenzstrukturen

10. November 2017, 23:00 Uhr - 22:59 Uhr

Was brauchen Gruppen und Bewegungen, was brauchen die Individuen, die in
ihnen aktiv sind, um langfristig emanzipatorisch aktiv sein zu können?
Wie können wir gemeinsam Strategien entwickeln auch in Zukunft zusammen
Politik zu machen? Wie müssen diese Strategien aussehen, damit möglichst
viele Zugang zu ihnen haben, wie können wir sie niederschwellig gestalten?

Das sind Fragen die uns, eine Gruppe politisch aktiver Menschen aus
verschiedenen Orten und verschiedenen linken Zusammenhängen, umtreiben.
Wir möchten sie gerne gemeinsam mit anderen politisch aktiven Menschen
aus verschiedenen Orten und linken Zusammenhängen beantworten.

Warum bedienen wir uns als Oberbegriff für unsere Fragen nun dem Begriff
der Kollektiven Resillienz? Resillienz bedeutet, eine
Widerstandsfähigkeit zu besitzen, um mit Krisen und Erschütterungen
umgehen zu können. Der Begriff ist in linken Zusammenhängen durchaus
umstritten, da sich hinter ihm oft neoliberale Konzepte von
individualisierter Problembewältigung verbergen. Es liegt auf der Hand,
dass wir diese Konzepte nicht einfach unhinterfragt auf unsere Kontexte
übertragen können und dass die Frage der Resillienz nicht allein auf der
individuellen Ebene gestellt werden darf, sondern auch und vor allem auf
der kollektiven. Was bedeuten also Kollektive Resillienzstrukturen in
einem linken Kontext und wie können diese geschaffen werden – bzw.
welche gibt es bereits und wie schwer ist es, Zugang zu ihnen zu bekommen?

Der Grund für die Auseinandersetzung mit Kollektiver Resilienz ist eine
in der Linken recht weit verbreitete Problemanalyse: Wir können uns in
unserer politischen Praxis und darüber hinaus den Zwängen des Systems in
dem wir leben nicht immer entziehen. Gesellschaftliche, familiäre und
auch unsere eigenen Erwartungen setzen uns immer wieder unter Druck. So
sind und waren auch unsere politischen Kontexte oft geprägt von
Leistungsdruck, Konkurrenz und Individualisierung. Viele berichten von
persönlichen Erfahrungen des Ausgebrannt-seins, des Entmutigt-seins und
Sich-verloren-fühlens. Viele hören auf, politisch aktiv zu sein, weil
sie das Gefühl haben, dies sei nicht (mehr) vereinbar mit ihren Wünschen
nach Familie/ mit ihrer Lohnarbeit/ mit ihrem Studium bzw. haben das
Gefühl, es führe schlichtweg zu nichts. Und viele sind frustriert, weil
sie denken, dass sich ihre Ideale nur verwirklichen lassen, wenn wir
viele sind. Mehr sind.

Wir sind überzeugt: Um für eine tiefgreifende emanzipatorische
Veränderung des Systems zu kämpfen, müssen viele Menschen aktiv werden.
Wir sind ebenso überzeugt: Das ist nur möglich, wenn politischer
Aktivismus nicht nur für wenige einzelne oder nur für kurze Zeit „zu
schaffen“ ist. Daher müssen wir auf größerer Ebene Voraussetzungen
schaffen, um es vielen Menschen zu ermöglichen, langfristig die Muße,
die Energie, die materiellen Grundlagen, die Ideen für und die Lust auf
politischen Aktivismus zu haben. Und dafür müssen wir vorhandene
Strategien miteinander teilen und leichter zugänglich machen, wir müssen
neue Strategien entwickeln, wo es noch Leerstellen gibt und wir müssen
versuchen, diese Strategien so zu vernetzen, dass wir nicht auf einer
individuellen oder gruppalen Ebene stehen bleiben.

Natürlich haben wir nicht den Anspruch, uns mit diesem großen Thema an
einem Wochenende erschöpfend zu befassen. Wir wollen uns aber auch nicht
von der Größe der Herausforderung abschrecken lassen. Deswegen freuen
wir uns, uns mit unterschiedlichen Methoden bestimmten Themenbereichen
anzunähern und von den unterschiedlichen Erfahrungen der Teilnehmenden
zu profitieren. Das genaue Programm steht noch nicht fest, grob ist
geplant, sowohl materielle als auch psychosoziale[&] -emotionale
Voraussetzungen in den Blick zu nehmen. Beispielhafte Programmpunkte
sind: Ansätze alternativen Wirtschaftens/ materieller Versorgung,
verbindliche Gestaltung von Beziehungen, technologische Basisversorgung,
Kontextualisierung der Frage nach Kollektiver Resilienz in der jüngeren
deutschen Geschichte linken Aktivismus’, kollektive Beschäftigung mit
psychischen Belastungen und erlebten Widersprüchen.